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von: Olaf Jansen
Niedergeschrieben von: Willis George Emerson
Übersetzung von: M. Lange
Kommentare von: J. Wehner
 


THE SMOKY GOD
Teil 2


Olaf Jansens Geschichte

Mein Name ist Olaf Jansen. Ich bin Norweger obwohl ich in der kleinen russischen Hafenstadt Uleaborg geboren wurde, die an der Ostküste des Golfes von Bothnia, dem nördlichen Arm des Baltischen Meeres liegt.

Meine Eltern fischten im Golf von Bothnia und legten in der russischen Stadt Uleaborg zum Zeitpunkt meiner Geburt an. Dies war am 27.Oktober 1811.

Mein Vater Jens Jansen wurde in Rodwig an der Skandinavischen Küste, in der Nähe der Lofoten Inseln geboren, zog aber nach seiner Heirat nach Stockholm, weil die Verwandten meiner Mutter in dieser Stadt wohnten. Als ich 7 Jahre alt war, begann ich meinen Vater auf seinen Fischzügen an der Skandinavischen Küste entlang zu begleiten.

schon früh in meinem Leben zeigte ich eine Neigung zu Büchern und wurde im Alter von 9 Jahren in Stockholm auf eine private Schule gegeben. Dort blieb ich bis ich 14 Jahre alt war. Danach begleitete ich regelmäßig meinen Vater auf seinen Fischzügen.

Mein Vater war 2.l0 m groß und wog über 95 kg, ein typischer Norse der rauesten Sorte und imstande, mehr Ausdauer aufzubringen als jeder andere Mann, den ich je gekannt habe. Er besaß die Güte einer Frau. Seine Entschlossenheit und Willenskraft aber waren unbeschreiblich. Sein Wille gab sich nie geschlagen.

Ich war in meinem 19. Lebensjahr, als wir zur Fahrt aussetzten, die unsere letzte als Fischer sein sollte und die die seltsame Geschichte ergab, die der Welt übermittelt werden soll - aber erst wenn ich meine irdische Pilgerreise beendet haben werde.

Ich wage es nicht, die Tatsachen während Meines Lebens so zu veröffentlichen, wie ich sie kenne, aus Angst vor weiterer Demütigung, Haft und weiterem Leiden. Ich wurde in Eisen gelegt vom Kapitän des Walfischbootes, das mich rettet, um keiner anderen Ursache willen, als daß ich die Wahrheit über die wunderbaren Entdeckungen erzählte, die mein Vater und ich gemacht hatten.

Dies war aber noch lange nicht das Ende meiner Qualen. Nach einer Abwesenheit von 4 Jahren und 8 Monaten erreichte ich Stockholm wieder, nur um zu erfahren, daß meine Mutter 1 Jahr davor gestorben war. Ihr Eigentum, das den Verwandten meiner Mutter überlassen war, wurde mir sofort übergeben.

Alles wäre in Ordnung gewesen, wenn ich imstande gewesen wäre, die Geschichte unseres Abenteuers und den schrecklichen Tod meines Vaters aus meinem Gedächtnis zu verbannen.

Schließlich erzählte ich meinem Onkel Gustav Osterlind, einem Mann von ziemlichem Vermögen, meine Geschichte bis in alle Einzelheiten und bedrängte ihn, eine Expedition für mich auszurüsten, damit ich eine erneute Reise in das sonderbare Land unternehmen könnte.

Zuerst schien es, als ob er meinem Vorhaben geneigt wäre. Er zeigte sich interessiert und schlug mir vor, zu gewissen Amtsstellen zu gehen und ihnen die Geschichte unserer Reise und Entdeckungen zu erklären. Stellen Sie sich meine Enttäuschung und meinen Schrecken vor, als ich meinen Bericht zu Ende gebracht hatte, gewisse Papiere von meinem Onkel unterschrieben wurden und ich, ohne eine Ahnung oder Warnung festgenommen und in die trübe und furchtbare Haft eines Irrenhauses gebracht wurde.

Dort blieb ich 28 Jahre lang - lange ermüdende, schreckliche Leidensjahre.

Ich hörte nie auf damit zu erklären, daß ich gesund sei und gegen das Unrecht meiner Inhaftierung zu protestieren. Endlich wurde ich am 17. Oktober 1862 entlassen. Mein Onkel war tot und die Freunde meiner Jugend, alle Freunde. Ja, ein Mann, der über 50 Jahre alt, und dessen einzige persönliche Rufzeichnung die eines Irren ist, hat keine Freunde.

Ich wußte nicht, wie ich mich erhalten sollte. Instinktiv aber ging ich zum Hafen, in dem eine große Anzahl von Fischerbooten vor Anker lagen und innerhalb einer Woche fuhr ich zu einem langen Fischfang zu den Lofoten - Inseln mit einem Fischer namens Jan Hansen aus.

Meine langen Jahre früheren Trainings erwiesen sich hier als besonderer Vorteil, besonders, weil ich mich dadurch nützlich machen konnte. Dies war der Anfang einer langen Reihe von Fischzügen und bei sparsamem Leben war es mir möglich, es zu einem eigenen zweimastigen Fischerboot zu bringen.

Siebenundzwanzig Jahre lang, ging ich als Fischer zur See.

Fünf Jahre lang arbeitete ich für andere, 22 Jahre lang für mich selbst.

Während all dieser Jahre habe ich so fleißig Bücher studiert ebenso wie ein Schwerarbeiter zu meinem Nutzen, ich nahm mich aber sehr in acht, die Geschichte der Endeckung, die mein Vater und ich gemacht haben, jemals zu erwähnen.

Selbst in dieser letzten Zeit noch würde ich Angst haben, wenn jemand sehen oder wüßte, was ich hier schreibe und die Aufzeichnungen und Landkarten, die in meinem Besitz sind, entdeckte.

Wenn meine Erdentage vorüber sind, werde ich die Aufzeichnungen und Landkarten zurücklassen und hoffe, daß sie die Menschheit aufklären und ihr zum Segen sein möge.

Die Erinnerungen an meine lange Haft mit Wahnsinnigen und all die schrecklichen Qualen und Leiden sind so lebendig, daß ich nicht wage, ein weiteres Risiko einzugehen.

Im Jahre 1889 verkaufte ich meine Fischerboote und errechnete, daß ich genug Vermögen erspart hatte, mich für den Rest meines Lebens zu versorgen.

Dann ging ich nach Amerika.

Ein dutzend Jahre lang war mein Zuhause in Illinois in der Nähe von Batavia. Dort erstand ich die meisten Bücher meiner jetzigen Bibliothek, obwohl ich auch eine Reihe ausgesuchter Bände von Stockholm mitbrachte.

Später kam ich nach Los Angeles, wo ich am 4.März 1901 ankam.

Ich erinnere mich des Datums gut, weil es Präsident Mc Kinleys 2. Amtseinführung war.

Ich kaufte dies bescheidene Haus und beschloß, hier in Zurückgezogenheit meiner eigenen Wohnung, beschützt vom eigenen Weinstock und Feigenbaum zu leben und mit meinen Büchern, um mich herum Landkarten und Zeichnungen von den neuen Ländern zu machen, die wir entdeckt hatten, und auch die Geschichte vom Zeitpunkt unseres Abschiedes von Stockholm, an bis zu dem tragischen Ereignis das uns im antarktischen Meer trennte, in Einzelheiten wiederzugeben.

Ich erinnere mich gut, daß wir Stockholm am 3. April 1829 in unserer Fischerschaluppe südwärts segelnd verließen, die Gotland-Inseln zur linken und die Öland-Inseln zur rechten hinter uns lassend. Einige Tage später gelang es uns Sandhammarpoint zu umsegeln und machten durch den Sund, der Dänemark von der Skandinavischen Küste trennt.

Zu gegebener Zeit legten wir in Kristiansund an. Dort ruhten wir uns 2 Tage aus und setzten um die skandinavische Küste herum nordöstlich in Richtung der Lofoten-Inseln aus.

Mein Vater war in guter Stimmung wegen der vortrefflichen und erfreulichen Bezahlung die er aus unserem letzten Fang erhielt den er in Stockholm zum Markt brachte, anstatt ihn in einer der Seestädte entlang der skandinavischen Küste zu verkaufen.

Er war besonders erfreut über den Verkauf einiger Elefanten-Stoßzähne, die er an der Westküste des Franz-Josef-Landes gefunden hatte bei einer seiner nördlichen Kreuztouren im Jahr davor und gab seiner Hoffnung Ausdruck, vielleicht das Glück zu haben unsere kleine Schaluppe mit Elfenbein anstatt mit Kabeljau, Hering, Makrelen und Lachs zu füllen.

Wir legten in Hammerfest am 71. Breitengrad und 41 Minuten an, um uns einige Tage auszuruhen. Wir blieben eine Woche dort, versorgten uns mit Extraproviant und einigen Fässern Trinkwasser und segelten dann in Richtung Spitzbergen.

In den ersten Tagen hatten wir offenes Meer und günstigen Wind, dann stießen wir auf viel Eis und viele Eisberge. Ein größeres Boot als unsere kleine Fischerschaluppe hätte seinen Weg nie in das Labyrinth von Eisbergen wagen oder sich durch die gerade noch offenen Kanäle schlängeln können.

Diese Ungeheuer boten eine endlose Reihe von Kristall-Palästen, von massiven Kathedralen und phantastischen Gebirgsketten, grimmig, Wachtposten gleich, unbeweglich wie turmhohe Klippen solider Felsen standen sie da wie die schweigende Sphinx, sie widerstanden den unruhigen Wellen einer bewegten See.

Wir erreichten Spitzbergen, nachdem wir einige Male knapp davongekommen waren am 23. Juni, und liefen vor Wijade Bay kurz vor Anker, wo wir gute Fänge einbrachten. Wir lösten die Anker und segelten durch die Hinlopen - Meerenge und fuhren die Nord-Ost-Land-Küste entlang.

Man wird sich daran erinnern, daß Andree seine fatale Ballonreise von der Nord-West-Küste Spitzbergens aus begann.

Ein starker Südwest erhob sich und mein Vater meinte, daß wir uns diesen zunutze machen und versuchen sollten, das Franz-Josef-Land zu erreichen, in dem er ein Jahr vorher zufällig die Elefanten-Stoßzähne gefunden hatte, die er in Stockholm so günstig hatte verkaufen können.

Nie vorher oder nachher habe ich so viele Seevögel gesehen. Es waren ihrer so viele, daß sie die Felsen der Küste völlig bedeckten und den Himmel verdunkelten.

Mehrere Tage segelten wir an der felsigen Küste des Franz-Josef-Landes entlang. Endlich kam ein günstiger Wind auf der es uns ermöglichte, die Westküste anzupeilen und 24 Stunden später kamen wir an eine wunderschöne Bucht.

Man konnte fast nicht glauben, daß man im hohen Norden war. Der Platz war grün bewachsen und, obwohl die Bodenfläche 1-2 Morgen Land nicht überstieg, war die Luft warm und ruhig. Es schien die Stelle zu sein, an der der Einfluß des Golfstromes am meisten spürbar ist.

Sir John Barrow sagt in seinem Werk mit dem Titel: "Entdeckungsreise und Forschung in den Arktischen Regionen" auf Seite 57:

Mr. Beechey nimmt Bezug auf das, was oft entdeckt und bemerkt wurde - die Milde der Temperatur an der Westküste von Spitzbergen , man empfindet wenig oder keine Kälte, obwohl das Thermometer nur wenige Grade über dem Gefrierpunkt anzeigt. Man bewundert die leuchtende und lebendige Wirkung eines klaren Tages, wenn die Sonne aus klarem Himmel herniederscheint, dessen azurne Färbung so intensiv ist, daß es keinen Vergleich gibt ausser dem berühmten italienischen Himmel".

An der 0stküste waren zahlreiche Eisberge, hier waren wir im offenen Meer. Weit westlich von uns jedoch war Packeis und noch weiter westlich erschien das Eis wie eine Kette niederer Berge. Vor uns und geradeaus nach Norden war das Meer offen.

Kapitän Kane, zitiert aus Mortons Journal vom Montag, den 26. Dezember auf Seite 299.

"Soweit ich sehen konnte, war der offene Durchgang 15 Meilen breit , gelegentlich durch Stückeis getrennt. Es ist aber nur Kleineis. Ich nehme an daß es entweder nach dem offenen Norden zutreibt oder schmilzt und sinkt, weil ich nichts vor mir im Norden sehen kann".

Mein Vater glaubte feurig an Odin und Thor und hatte mir oft erzählt, daß sie von weit hinter dem "NordWind" herkamen.

Es gibt eine Überlieferung, sagte mein Vater, daß noch weiter nördlich ein Land liegt, das schöner ist als ein sterblicher Mann je sah und daß dieses von den "Auserwählten" bewohnt wird.

In "Deutsche Mythologie" finden wir auf Seite 778 aus der Feder von Jakob Grimm das Folgende:

"Dann erbauten die Söhne Thors mitten im Universum die Stadt, genannt Aagard, in der die Götter und ihre Verwandten wohnten. Und von diesem Wohnsitz gingen so viele wunderbare Dinge aus in beiden Richtungen auf Erden und in die Himmel darüber. In dieser Stadt gibt es einen Ort Hlidskjalf genannt und wenn Odin dort auf seinem erhabenen Throne weilt, überblickt er die ganze Welt und nimmt die Taten aller Menschen wahr".

Meine jugendliche Phantasie war entzündet an der Hitze, dem Eifer und der religiösen Glut meines guten Vaters und ich rief aus:

"Warum segeln wir nicht nach diesem göttlichen Land? Der Himmel ist klar, der Wind günstig und das Meer offen".

Jetzt noch sehe ich den Ausdruck freudiger Überraschung auf seinem Gesicht, als er sich zu mir hinwandte und fragte: "Mein Sohn, bist du willens, mit mir zu gehen und zu forschen - weit über das Gebiet hinaus, in das sich jemals ein Mensch wagte?"

Ich antwortete zustimmend. "Gut" entgegnete er, "möge der Gott Odin uns behüten", und indem er schnell die Segel setzte, warf er einen Blick auf den Kompass drehte den Bug in die nötige nördliche Richtung durch einen offenen Kanal, und unsere Reise hatte begonnen.

Hall schreibt auf Seite 288: "Am 23.1. gingen die beiden Eskimos, begleitet von den zwei Seeleuten nach Cape Lupton. Sie meldeten ein offenes Meer soweit das Auge sehen konnte".

Die Sonne war niedrig am Horizont, weil es noch Frühsommer war. Wir hatten in der Tat noch fast 4 Monate vor uns, bevor die Frostnächte wiederkommen würden.

Unsere kleine Schaluppe bewegte sich voran, als ob sie ebenso abenteuerlustig wäre wie wir selbst. Innerhalb der nächsten 36 Stunden waren wir außer Sicht des höchsten Punktes der Küstenlinie des Franz-Josef-Landes. Wir schienen in einem starken Nord- bis Nordoststrom zu sein.

Weit rechts und links von uns waren Eisberge, aber unsere kleine Schaluppe legte sich in die Meeresenge, passierte Rinnen hinaus ins offene Meer. Rinnen, manchmal so schmal, daß wir, wäre unser Fahrzeug nicht so klein gewesen nie hindurchgekommen wären.

Am dritten Tag stießen wir auf eine Insel. Ihre Küsten waren ausgewaschen vom offenen Meer. Mein Vater beschloß an Land zu gehen und für einen Tag zu forschen. Auf diesem neuen Land gab es keine Bäume, aber wir entdeckten große Ansammlungen von Treibholz am Nordstrand. Einige der Stämme waren 12 m lang und 60 cm dick.

Greely berichtet uns in Band 1 Seite 100, daß die Herren Connell und Fredrick einen großen Nadelbaum am Strande fanden, gerade über der extra hohen Wassermarkierung. Er hatte einen Umfang von 75 cm und war etwa 9 m lang und war offensichtlich im Zeitraum von 2 Jahren von der Strömungen dorthin getragen worden. Ein Teil davon wurde als Feuerholz abgeschnitten und zum ersten Male gab ein helles fröhliches Lagerfeuer, und den Menschen Behaglichkeit.

Nach einer Tagesuntersuchung des Küstenstriches dieser Insel hoben wir die Anker und drehten unseren Bug nordwärts in ein offenes Meer.

Dr. Kane sagt auf Seite 379 seiner Werke:

"Ich kann mir nicht vorstellen, was aus dem Eis wird. Ein starker Strom treibt fortwährend nordwärts, aber von Höhen über 150 m aus sah ich nur schmale Streifen von Eis mit großen Flächen offenen Wassers zwischen 10 bis 15 Meilen breit zwischen ihm. Es muß entweder in einen offenen Raum im Norden verschwinden oder sich auflösen !"

Ich erinnere mich, daß weder mein Vater noch ich fast 30 Stunden lang etwas gegessen hatten. Vielleicht kam es von der Spannung, der Aufregung über unsere seltsame Reise im Wasser weiter nördlich, wovon mein Vater sagte, daß noch nie jemand hier gewesen sei. Aktives Denken hatte die Forderung körperlicher Bedürfnisse abgestumpft. Anstatt der Kälte, die wir erwartet hatten, war es wirklich wärmer und angenehmer als in Hammerfest an der Nordküste Norwegens ungefähr sechs Wochen früher.

Kapitän Peary berichtet von seiner zweiten Reise etwas, das dazu beitragen mag, eine Mutmaßung zu bestätigen, die lange Zeit von einigen aufgestellt wurde, nämlich, daß das Meer am Pol oder in der Polnähe frei von Eis ist.
Am. 2. November sagt Peary: "Der Wind frischt auf zu einem Sturm von Nord nach West, senkte das Thermometer vor Mitternacht um 5 Grad, während eine Zunahme der Windstärke in Melville Island im allgemeinen begleitet wurde von einem damit schritthaltenden Ansteigen des Thermometers bei niedrigen Temperaturen. Könnte das nicht, so fragt er, davon herrühren, daß der Wind über ein offenes Meer weht, aus der Gegend aus welcher der Wind kommt? Und damit zu bestätigen scheint, daß sich am Pol oder in
Polnähe ein offenes Meer befindet?"

Wir gaben beide offen zu, daß wir großen Hunger hätten und ich machte sogleich ein kräftiges Essen aus unseren nicht geringen. Vorräten. Als wir uns reichlich satt gegessen hatten gestand ich meinem Vater, daß ich gleich einschlafen würde, weil ich anfing, sehr schläfrig zu werden. "Gut" antwortete er, "ich übernehme, die Wache".

Ich kann nicht sagen wie lange ich schlief, ich weiß nur, daß ich unsanft erwachte durch eine schreckliche Erschütterung unserer Schaluppe. Zu meiner Überraschung entdeckte ich, daß mein Vater fest schlief.

Ich rief ihm laut zu und hochfahrend sprang er schnell auf seine Beine. Es ist Tatsache, daß wenn er nicht augenblicklich die Reling gepackt hätte, er ganz sicher in das siedende Meer geworfen worden wäre.

Ein wilder Schneesturm tobte. Der Wind kam genau von hinten, trieb unsere Schaluppe mit großer Geschwindigkeit vorwärts und drohte, uns jeden Augenblick umzuwerfen. Es war keine Zeit zu verlieren. Die Segel mußten sofort eingezogen werden. Unser Boot krümmte sich in Zuckungen.

Wir wußten, daß einige Eisberge auf beiden Seiten von uns waren, aber die Rinne vor uns, nach Norden, war glücklicherweise offen. Würde es aber so bleiben?

Vor uns lag der Horizont links und rechts von Dunst und Nebel verhüllt, schwarz wie die ägyptische Nacht über der Wasseroberfläche, welche sich schließlich dem Blick nach oben entzog wie eine weiße Dampfwolke und sich mit den großen fallenden Schneeflocken vermischte. Ob sich darunter ein tückischer Eisberg verbarg oder irgend ein anderes verborgenes Hindenis, an dem unsere kleine Schaluppe zerschellen und uns in ein Wassergrab schicken. würde oder ob es nur um die Erscheinung eines arktischen Nebels ging, war unmöglich vorauszusehen.

Auf Seite 284 seiner Werke schreibt Hall: " Vom Gipfel des Providence Berges wurde im Norden ein dunkler Nebel gesichtet, der Wasser bedeutete. Um 10 Uhr morgens gingen 3 der Männer (Krüger, Lindemann und Hobby) zum Cape Lupton um, wenn möglich, die Ausdehnung des offenen Wassers zu ermitteln. Bei ihrer Rückkehr meldeten sie mehrere offene Zwischenräume und viel neues Eis, nicht mehr als einen Tag alt, so dünn, daß es leicht von darauf geworfenen Eisstücken zerbrochen werden konnte."

Ich weiß nicht, durch welches Wunder wir der völligen Vernichtung entkamen. Ich erinnere mich, daß unser kleines Fahrzeug ächste und stöhnte, als ob seine Gelenke zerbrachen. Es schaukelte und taumelte hin und her, als ob es durch einen furchtbaren Unterwasserstrudel oder Mahlstrom festgehalten wurde.

Glücklicherweise war unser Kompass mit langen Schrauben an einem Querbalken befestigt. Der größte Teil unserer Vorräte aber purzelte hinaus und wurde vom Deck der Kutte hinweggefegt. Hätten wir uns nicht gleich vom Anfang an vorsichtiger weise fest an den Mast unserer Schaluppe gebunden gehabt, wären wir in das peitschende Meer gefegt worden.

Über dem ohrenbetäubenden Tumult der wütenden Wellen. hörte ich meines Vaters Stimme: "Sei tapfer, mein Sohn, Odin ist der Gott der Wasser, er ist der Begleiter der Tapferen und er ist mit uns. Fürchte dich nicht."

Es war mir, als ob es keine Möglichkeit zum Entrinnen gab vor einem schrecklichen Tod. Die kleine Schaluppe lud Wasser. Der Schnee fiel so dicht, daß er fast blind machte und Wellen türmten sich über uns hinweg in rücksichtsloser weiß - gichtiger Gewalt. Man mußte jeden Augenblick damit rechnen, an schwimmendem Packeis zu zerschellen.

Die gewaltigen Dünungen hoben uns bis auf die Gipfel bergartiger Wellen und stürzten uns hinab in die Wellentäler, wie wenn unsere Schaluppe eine zerbrechliche Schale wäre. Riesige weißbekappte Wellen umschlossen uns von vorn und hinten wie buchstäbliche Mauern.

Diese schreckliche nervenzermürbende Probe mit ihren zahllosen Zweifeln und unbeschreiblicher Todesangst und Furcht dauerte mehr als 3 Stunden. Und während dieser ganzen Zeit wurden wir mit großer Geschwindigkeit vorwärtsgetrieben. Und dann plötzlich, als ob er seiner rasenden Bemühungen müde geworden wäre, begann der Wind nachzulassen und sich nach und nach zu legen.

Zum Schluß war es vollkommen still. Der Nebel war ebenfalls verschwunden und vor uns lag eine eisfreie Meeresenge, ungefähr 10 - 15 Meilen breit mit einigen Eisbergen weit weg zu unserer Rechten, unterbrochen durch ein Inselmeer kleinerer Eisberge zur Linken.

Ich beobachtete meinen Vater scharf, festentschlossen zu schweigen, bis er sprach. Vorderhand löste er die Seile von seiner Taille und begann ohne Worte, die Pumpen in Betrieb zu setzen, die glücklicherweise nicht beschädigt waren, um die Schaluppe von dem Wasser zu befreien, das sie in der Furie des Sturmes geladen hatte.

Er hißte die Segel so ruhig, als ob er ein Fischernetz auswerfen würde und bemerkte dabei, daß wir fertig wären für einen günstigen Wind, wenn er aufkäme. Sein Mut und seine Ausdauer waren wahrhaft bemerkenswert.

Beim Nachsehen fanden wir nur noch knapp ein drittel unserer Lebensmittelvorräte vor. Wir entdeckten zu unserer äußersten Bestürzung, daß unsere Wasserfässer bei dem heftigen Hinabstürzen unseres Bootes über Bord gegangen waren.

Zwei unserer Wasserfässer waren im Haupthalter, aber beide leer. Wir hatten eine ausreichende Menge an Lebensmitteln, aber kein frisches Wasser.

Mir wurde schlagartig die Furchtbarkeit unserer Lage klar. Augenblicklich überfiel, mich ein verzehrender Durst. "Das ist wirklich schlimm", bemerkte mein Vater, laß uns aber unsere beschmutzten Kleider trocknen, denn wir sind bis auf die Haut durchnäßt. Vertraue auf den Gott Odin, mein Sohn, und gib die Hoffnung nicht auf.

Die Sonne schien so schräg herab, als ob wir uns auf einem südlichen Breitengrad befänden anstelle des hohen Nordens. Sie beschrieb ihre Bahn immer sichtbar und stieg täglich höher und höher, indem sie durch die Wolken sah wie ein verdrießliches Auge des Schicksals.

Sie beschaute das mysteriöse Nordland und wachte eifersüchtig über die Streiche des Menschen, die Eisberge weit zu unserer Rechten.

Man sah ein Panorama von Feuerwerk zahlloser Farben und Formen, während man darunter ein grünes Meer sah und darüber den purpurnen Himmel.


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